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September 19, 2005

Aus den Denkfässern

Um das politische Gerangel mit ein wenig Theorie zu hinterfüttern, hier ein Website mit aktuellen Veröffentlichungen von politischen Gedankenschmieden: policypointers.org

(Via: A Fistful of Euros)

September 18, 2005

Demokratie, alles in allem

Insgesamt scheint es an diesem Wahlabend eine Menge Gewinner gegeben zu haben - fast jeder hat irgendwie das ihm zugewiesene Plätzchen als angemessen akzeptiert, mit Ausnahme der Unionsparteien. Ich versuch mal eine spontane Bewertung des vorläufigen Ergebnisses:

Positiv: Die Union ist nicht zu groß geworden. Sie hat damit ihre Quittung bekommen, nicht nur für eine uninspirierte, konzeptlose Kampagne mit vielen, krassen Fehlern: Erhöhung der Mehrwertsteuer (darüber redet man nicht!), Kirchhof (wenn schon, dann richtig!) - sondern auch für den schalen Nachgeschmack, den die 16 Jahre Kohl, zahllose Affären, unwürdige parteiinterne Intrigen etc hinterlassen haben. Dieser Nachgeschmack hat anscheinend bei längerem Nachdenken dann doch vielen potentiell konservativen (oder sollte ich sagen: reformwilligen?) Wählern das Kreuz ausrutschen lassen.

Negativ: Die Grabenkämpfer der Partei, die Stoibers, Kochs, Merzen und Co werden die Schuld für dieses Debakel mittelfristig komplett auf Angela Merkels Schultern abladen - die zwar ihren Anteil daran hatte, aber doch nicht mehr als alle anderen auch. Damit ist vermutlich eine weitere Chance für eine Erneuerung dieser Partei vertan.

Positiv: Der Aufholerfolg bei der SPD geht überwiegend auf das Konto von Gerhard Schröder und bestätigt und stützt damit den reform-orientierten (lies: rechten?) Flügel der Partei. Das Resultat bestätigt damit auch den unglaublichen politischen Instinkt Schröders, der es wahrscheinlich letztlich darauf abgesehen hatte, eine große Koalition oder doch zumindest eine tragfähigere Konstellation für seine Regierung herbeizuführen.

Negativ: Mittelfristig oder langfristig wird der ideologische Magnetismus, der von der Gysi-Lafontaine-Partei ausgeht, zu einer Erosion der verbliebenen Sozialdemokratie führen. Das wird die Partei weiter schwächen, ihr aber vielleicht auch die Chance geben, sich in der Abgrenzung weiter in Richtung New Labor zu profilieren.

Positiv: Die Liberalen haben Erfolg damit gehabt, Profil statt bloße Werbekampagnen vorzuführen. Man kann nur hoffen, dass sie dieses Profil in der Opposition ohne opportunistische Bindung an eine der großen Parteien weiter entfalten können und damit zur politischen Debattenkultur beitragen.

Positiv: Wir haben jetzt eine echte parlamentarische Linke! So wenig ich den Mief sozialistischer Weltbilder leiden kann - in der Opposition bilden sie ein gutes, sinnvolles Korrektiv zu allzu funktionalistischen, technokratischen Politik-Konzepten. Außerdem ist eine Ausdifferenzierung des politischen Spektrums ganz in Ordnung. Und Gysi und Lafontaine sind nicht die unsympathischsten Vertreter ihrer Sache - trotz der geradezu maßlosen Kampagne, die in den letzten Wochen vor allem gegen Lafontaine gefahren worden ist.

Positiv auch: Die Grünen bleiben uns erhalten. Sollten sie aus der Regierung verschwinden, finden sie vielleicht sogar zu einer dringend notwendigen Erneuerung ihres Programms, statt sich weiterhin hinter der staatstragenden Gallionsfigur Fischer zu verstecken.

Positiv, insgesamt: Das Wahlergebnis überträgt die Verantwortung zwei eher angeschlagenen Volksparteien, die somit nicht einfach selbstgefällig mit bestehenden Rezepten drauflos regieren können. Beide stehen unter einem gewissen Druck, sich neu zu definieren. Das Ergebnis platziert drei sehr unterschiedliche, aber allesamt starke Player in die Opposition, als ein starkes, unorthodoxes Korrektiv. No need for an APO. Die politische Kultur in Deutschland wird daran keinen Schaden nehmen.

September 10, 2005

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